1. Männer Nichts für Herzpatienten: Eider gewinnt einen Punkt

Was für eine Dramatik! Die rund 400 Zuschauer in der Hohner Werner-Kuhrt-Halle mussten ihr Kommen nicht bereuen. Sie sahen zwar keine Handball-Delikatesse, eher ein Fehlerfestival, das die HSG Eider Harde und ihre Gäste vom Oranienburger HC am Sonnabend boten, dafür bekamen sie einen echten Drittliga-Krimi geboten. Einen Thriller, der vielen Fans länger in Erinnerung bleiben wird. Einen mit einer am Ende fast schier unglaublichen Wende, bei der vielen Anwesenden ein „lange nicht sowas erlebt“ über die Lippen kam. Nach 60 zähen, zerfahrenen, nervenaufreibenden und ultra-spannenden Minuten trennten sich die Kontrahenten 28:28 (15:18). Für die HSG ist es der erste Punkt im sechsten Spiel gegen die Brandenburger nach dem Aufstieg 2020. Beinahe wären es zwei gewesen. Vielleicht ein bisschen zu viel des Guten, oder Matze?
„Nein, natürlich hätten wir die zwei Punkte gerne mitgenommen, ob sie jetzt verdient gewesen wären oder nicht. Schietegaal. Aber auch so sind wir nach dem Spielverlauf zufrieden mit dem einen Punkt. Der kann am Ende wichtig sein. Man muss ehrlich sein: Das war vom Niveau ein unterdurchschnittliches Drittliga-Spiel. Beiden Teams war anzumerken, dass sie in der letzten Saison in einem ruhigeren Fahrwasser der Tabelle geschippert sind. Verunsicherung, Nervosität und fehlendes Selbstvertrauen standen heute mit auf der Platte“, so das Fazit des Eider-Trainers Matthias Hinrichsen.
Zwei HSG-Angreifer standen diesmal im Rampenlicht. Einen nennen sie auf der Tribüne die „Maschine“, der andere wurde gerade mit überwältigender Mehrheit von seinen Teamkollegen (und Trainer) zum prädestinierten Siebenmeterschützen gewählt.
Jari Glumm war von keinem Abwehrhünen aufzuhalten. „Hängt einer an mir dran? Mir doch egal“ schien sein Motto zu sein. Überzieher, Unterhand, Urkraft, alles war bei dem 20-Jährigen dabei. Er übernahm Verantwortung, warf die wichtigen Tore, sieben an der Zahl.
Der andere Top-Performer heißt Kevin Hamann. Neun Tore gelangen dem Linksaußen, darunter der so wichtige, und von vielen Fans nicht mehr für möglich gehaltene 28:28-Ausgleichstreffer 19 Sekunden vor Ultimo. Noch wichtiger: Hamann traf alle seine vier Siebenmeter, zuletzt eine Schwäche der Eider-Mannschaft. Hinrichsen wollte es deswegen wissen, ließ im Training in geheimer Wahl abstimmen: Wer ist unser bester Schütze vom Strich? Das Ergebnis: 16 von 18 Stimmen fielen auf den Flügelflitzer. Hinrichsen: „Kevin kann es halt auch am besten.“ Heißt: Beim nächsten Mal gibt es kein Vertun mehr, Hamann darf auch bei Fehlwürfen nochmal ran.
Beim OHC glänzte vor allem die Achse Aaron Krai auf der Mitte mit seinem Kreisbullen Kevin Lux, dessen Stern an diesem Abend besonders hell leuchtete. Was er anpackte, gelang fast immer. Auffällig: die Routine, mit der die Gäste in aller Seelenruhe ihre Angriffe herunterspulten. Die Schiedsrichter sahen in dem Schneckenhandball offenbar kein Problem.
Die Schlussphase war dann nichts mehr für Herzpatienten. Nach Hamanns Ausgleich nimmt sich Krai einen unnötig frühen Wurf, den HSG-Keeper Jorge Schmidt pariert. Aus dem Sitzen schleudert der Schlussmann die Pille sieben Sekunden vor Abpfiff blind nach vorne (O-Ton Torwarttrainer Dirk Heinemann: „Das war so abgesprochen“).
Hamann bekommt den Ball nicht kontrolliert, pritscht ihn trotzdem irgendwie in die Mitte, wo er beim heranrückenden Jannik Oettershagen landet, der bei zwei Sekunden auf der Uhr den Siegtreffer auf der Hand hat. Leider steht Oranienburgs bester Mann, Keeper Teo Mestrovic, im Weg und entschärft den Wurf mit einer starken Parade. Schluss, Aus, Unentschieden. Unterm Strich vielleicht das gerechte Ergebnis. Mit dem einem Punkt springt die HSG auf den 12. Tabellenplatz, ein Nichtabstiegsrang.
Schmidt, Haack; Heckel, Rohwer, Heinemann (3), Dau, Hamann (9/4), Kock (1), J. Oettershagen (1), Hartwich (1), Fülbier (1), Bies (1), Deleske, Schneider, Frahm (4), Glumm (7)








